Die Digitalisierung stellt eine gesellschaftliche Veränderung dar, die kaum zu überschätzen ist. Der Zugang zu digitalen Tools und die Kompetenz zur Nutzung dieser sind elementare Voraussetzungen für die Teilhabe oder Exklusion in einer modernen Gesellschaft. Dieses gilt sowohl für die Nutzer/innen wie auch für die Organisationen und ihre Mitarbeitenden – besonders im sozialen Bereich. Insofern kommt der Frage nach einer souveränen Nutzung digitaler Angebote im privaten wie beruflichen Kontext eine entscheidende Bedeutung zu. Insbesondere gilt dies auch für ältere Menschen.
Zu diesem Thema soll die Veranstaltung den Fachaustausch von Experten/innen aus der Zivilgesellschaft, der Sozial- und der IT-Wirtschaft sowie von Politik und Verwaltung befördern und Anregungen für die Weiterentwicklung einer sozialen Digitalisierung entwickeln. Dabei kommt der Frage nach Souveränität der Nutzer/innen sowie den dafür notwendigen Kompetenzen und Rahmenbedingungen eine Schlüsselbedeutung zu.
Ziel ist es, gemeinsam zu diskutieren, an welchen Stellen die Digitalisierung im Sozialraum einer nutzer/innenorientierten Weiterentwicklung bedarf und welche Herausforderungen gemeistert werden müssen, damit die Digitalisierung Teilhabe fördert und nicht zu neuen Formen der Exklusion führt.
Veranstaltungsvideo
Juliane Seifert
Staatssekretärin im BMFSFJ
„Digitale Souveränität älterer Menschen“
Tim Lange
Geschäftsführer der Casenio AG
„Better@Home - Länger und besser zuhause leben“
Brigitte Döcker
Vorsitzende der BAGFW-Sozialkommission I und Vorstandsmitglied der Arbeiterwohlfahrt
„Freie Wohlfahrtspflege - Mehr Teilhabe durch Digitalisierung ermöglichen“
Sebastian Zilch
Geschäftsführer des bvitg e. V.
„Selbstbestimmung durch Digitalisierung in der Pflege“
Dr. Gerhard Timm
Geschäftsführer der BAGFW
Moderation
Workshops
Digitale Souveränität älterer Menschen
Digitale Souveränität zielt insbesondere auf den Menschen ab, der digitale Medien kompetent, sicher und vielfältig nutzen können soll. Ältere Menschen benötigen, um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen, eine grundsätzlich positive Einstellung gegenüber den Diensten und Infrastrukturen. Solange sie Verlust oder Manipulation ihrer Daten befürchten, werden sie sich nicht oder nur sehr zurückhaltend gegenüber der zunehmenden Digitalisierung verhalten. Das Gelingen der digitalen Transformation hängt demnach nicht allein von der Kompetenz der Anwender/innen ab, sondern auch vom Vertrauen in Anbieter und die Förderung der Cybersicherheit.
Inputgeber
- Carsten Große Starmann, Bertelsmann Stiftung
- Dr. Michael Littger, Deutschland sicher im Netz (DsiN)
- Nicola Röhricht, Servicestelle Digitalisierung und Bildung für ältere Menschen bei der BAGSO
- Joachim Schulte, Deutschland sicher im Netz (DsiN)
Better@Home: Länger und besser zuhause leben
Better@Home ermöglicht älteren und hilfebedürftigen Menschen so lange wie möglich sicher und selbstbestimmt zuhause zu leben. Die Better@Home Service-Plattform ist eine zuverlässige Komplettlösung für altersgerechtes Wohnen mit digitalen Assistenzsystemen und einem umfassenden Dienstleistungsangebot. Sie bietet Sicherheit und vereinfachte Kommunikationsmöglichkeiten zwischen dem Bewohner und dem pflegenden Umfeld, ohne in Notsituationen auf proaktives Mitwirken angewiesen zu sein. Better@Home erschließt nachhaltige Geschäfts-modelle für die Immobilienwirtschaft, Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens, Krankenversicherungen sowie Unternehmen im Kontext der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Diskutieren Sie mit uns das dringend notwendige Zusammenspiel aller Akteure!
Inputgeber
- Tim Lange, Casenio
- Dr. Balazs Szathmary, IHP
Smart Homecare - Selbstbestimmung oder Überforderung?
Was meint Smart Homecare und welche Möglichkeiten oder Hindernisse ergeben sich durch Technikeinsatz in der Pflege? Was bedeutet Patienten-Empowerment für Pflege(fach)kräfte, pflegende Angehörige oder Pflegebedürftige? Wie lässt sich Technik effektiv in die Versorgungslandschaft einbeziehen – ohne hierbei sozialen Kontakt zu ersetzen? Zu diesen und weiteren Fragestellungen wollen wir uns im Workshop „Smart Homecare – Selbstbestimmung oder Überforderung?“ austauschen. Nach einem kurzen Einstieg in das Thema diskutieren wir im World Café-Format die Chancen und Möglichkeiten, die sich durch Smart Homecare ergeben, beschäftigen uns aber auch mit Ängsten, Hindernissen und Blockaden sowie Möglichkeiten zu deren Überwindung. Ziel ist es, alle Akteure/innen „an einen Tisch zu bekommen" und sich konkrete sowie schnell umsetzbare Maßnahmen zu überlegen.
Inputgeber
- Jessica Birkmann, bvitg e. V
- Heiko Mania, NursIT Institute
- Andreas von Schell, Opta Data Gruppe
Souverän digital in der Sozialen Arbeit
Die Digitalisierung der Gesellschaft stellt gerade die Soziale Arbeit vor neue Herausforderungen und bietet zugleich Möglichkeiten, neue Zielgruppen zu erreichen sowie Angebote qualitativ weiter zu entwickeln. Es geht um nichts weniger als die (Mit-)Gestaltung einer digitalen Transformation der Sozialen Arbeit. Offen bleibt dabei häufig, welche (Kompetenz-)Anforderungen an die Mitarbeitenden gestellt werden und inwieweit diese als Bestandteil der Ausbildung vorausgesetzt werden können bzw. wie die Einrichtungen und Dienste mit dieser Herausforderung in der Praxis umgehen. Der Workshop soll ein Austausch zu Lösungsansätzen sowie zu bisherigen Erfahrungen ermöglichen.
Inputgeber
- Peter Friedrich, BAGFW
- Jörg Kaiser, DCV
- Thomas Rzepus, Horizont e. V.
- Ann Christin Schulz, TU Dortmund
Zusammenfassung
Die Veranstaltung hat einen Raum zum intersektoralen Austausch zwischen Sozial- und IT-Wirtschaft sowie Politik und Verwaltung geschaffen. Das Ergebnis waren anregende Fachdiskussionen, die Kooperationspotentiale verdeutlicht sowie eine Verständigung über anstehende Herausforderungen und gemeinsame Lösungsansätze ermöglicht haben.
Es bestand Konsens, dass digitale Souveränität der Menschen eine grundlegende Voraussetzung für Teilhabechancen darstellt. Für eine souveräne Nutzung digitaler Angebote ist nicht die Verfügbarkeit von Technik alleine ausreichend, sondern implizit auch Aufklärung in Form von qualifizierten Begleitungs- und Beratungsangeboten. Die sollten nicht als freiwillige Aufgabe missverstanden werden, sondern stellt eine grundlegende Aufgabe dar, deren Finanzierungsangebote zu klären sind.
Der Mehrwert von digitalen Anwendungen muss klar erkennbar sein. Smarte Installationen sind kein Selbstzweck, sondern sollen im Alltag die Nutzer/innen nachweislich unterstützen. Es geht um die Schaffung von Zugängen zu digitaler Technik, um die Abschätzung der sich damit eröffnenden Chancen und Risiken sowie um die Befähigung, sie souverän und individuell nutzen zu können. Deutlich wurde dabei, dass gerade die Datenfreigabe eine Abwägungsfrage ist, die nur verantwortungsvoll bearbeitet werden kann, wenn die Nutzer/innen ihre Optionen kennen und souverän über ihre Daten verfügen können. Hierzu zählt auch eine vorausschauende Technikfolgenabschätzung.
Aus den Diskussionen und Workshops ergaben sich Erwartungen und Forderungen an die beteiligten Akteure:
So wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass zur erfolgreichen Bearbeitung der aktuellen Herausforderungen Kooperationen – auch über die traditionellen Arbeitsbereiche hinausgehend – und die Skalierung von gelungenen Ansätzen erforderlich sind. Die parallele Bearbeitung von identischen Themen wird als ineffizient und den aktuellen Herausforderungen nicht angemessen beschrieben. Insgesamt geht es um nicht weniger als einen Kulturwandel, der mehr Pilotprojekte ermöglicht und eine andere Fehlerkultur zulässt.
An die Politik und die Verwaltung adressiert wurde betont, dass zu den beschriebenen Prozessen kompatible Förderstrukturen aufgebaut werden müssen. Denn es geht im Bereich der Sozialen Arbeit mehrheitlich um Non-Profit-Organisationen, die notwendige Ressourcen für Umstrukturierungs- und Digitalisierungsprozesse benötigen, z.B. durch Förderprogramme, vergleichbar mit der Wirtschaftsförderung im Bereich der KMU und Digitalisierung. Hier gilt es auch das klassische Verständnis von Projektförderung zu hinterfragen, das kaum Experimentierräume zulässt und damit nur eingeschränkt kompatibel zu zukünftigen Arbeitsprozessen erscheint.
Die Gewährleistung von digitaler Souveränität inkl. Anspruch auf Zugänge und die notwendige Infrastruktur wurde als Teil der kommunalen Daseinsvorsorge und damit als Pflichtaufgabe der Kommunen eingefordert.
Auch die Forderung einer Anpassung der Ausbildungsinhalte – gerade im Sozialbereich – an aktuelle Anforderungen wurde insbesondere an die Arbeits- und Sozialministerkonferenz (ASMK) adressiert. Hierzu zählen die Vermittlung von digitalen Kompetenzen (Anwendung und reflektierte Einschätzung) als Grundlage für zukunftsfähige Organisationen und Arbeitsplätze in der Sozialen Arbeit.
Für die Sozialwirtschaft bedeutet die Digitalisierung, dass sowohl die Vermittlungen von digitalen Kompetenzen – für Auszubildende wie auch Mitarbeitende auf allen Ebenen, als auch die Anpassungen der mehrheitlich traditionell gewachsenen Organisationsstrukturen an neue Arbeitsprozesse und Kooperationsstrukturen angepackt werden muss. Hierbei gilt es neue – auch mit einer Rückbesinnung auf die Anfänge der Sozialwirtschaft – agile Organisationsstrukturen, die Entwicklungsräume ermöglichen und die Expertise der Mitarbeitenden fördern, zu schaffen.
Die Anbieter und Hersteller von digitalen Produkten wurden insbesondere bei der Frage der Sicherheit adressiert, da diese eine Grundlage von Souveränität in der digitalen Welt darstellt. Hier sehen die Diskussionsteilnehmer/innen die Anbieter in der Pflicht.