Jahresbericht 2022 der Sozialkommission II
Die Sozialkommission bearbeitet in ihrer Zuständigkeit Themen aus den Feldern Kinder, Jugend, Familie und Frauen, Arbeitsmarktpolitik und Grundsicherung, Migration und Integration sowie bürgerschaftliches Engagement und Freiwilligendienste.
Die Arbeit der Sozialkommission II war geprägt durch die aktuelle Situation im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg und den Folgen für Dienste und Einrichtungen. Aktuelle Vorhaben, die sich auch aus der Koalitionsvereinbarung ergeben haben, sowie der Ausblick auf künftige Themen in Auswertung des Koalitionsvertrages mit entsprechenden Priorisierungen mussten z.T. zurückgestellt werden. Im Bereich Migration und Integration sind der Ukraine-Krieg und die sich daraus ergebenden Herausforderungen für die Einrichtungen und Dienste im Fokus. Die Themen, denen sich die BAGFW als Akteur politisch sichtbar widmen wollte, zum Beispiel Resettlement, humanitäre Aufnahmeprogramme, Familiennachzug und Sprachmittlung wurden durch die aktuelle Entwicklung in den Hintergrund gedrängt. Einer Bearbeitung bedurften die drängenden Fragen der (Un-)gleichheit der Unterstützungsbedarfe für Geflüchtete, die Asylverfahrensberatung und die Ausstattung mit MBE-Mitteln.
Im Bereich der Engagementpolitik stand die Vorbereitung der Engagementstrategie der Bundesregierung im Fokus. Einen wichtigen Impuls für die Nationale Engagementstrategie sollte das Papier der BAGFW zum bürgerschaftlichen Engagement in der Freien Wohlfahrtspflege darstellen. Das Papier dient der Standort- und Verhältnisbestimmung der BAGFW und basiert auf einem Papier aus dem Jahr 2013, das nunmehr eine Aktualisierung und Anpassung erfuhr. Im Mittelpunkt steht das Selbstverständnis der Freien Wohlfahrtspflege als Motor zivilgesellschaftlichen Engagements, das in der Co-Produktion von beruflich und freiwillig-ehrenamtlich Engagierten strukturelle Nachhaltigkeit erfährt. Die BAGFW erarbeitete eine Lang- und eine Kurzfassung für die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten. Die Stiftung für Engagement und Ehrenamt, mit der die Zusammenarbeit im laufenden Jahr vertieft wurde, wird eine Brückenfunktion bei der Vorbereitung der Engagementstrategie haben. Die Strategie soll im Frühjahr 2024 im Kabinett beschlossen werden. Im Themenfeld bürgerschaftliches Engagement wurde darüber hinaus intensiv zum Demokratiefördergesetz diskutiert. So hat der Abteilungsleiter des BMFSFJ in einer Sitzung der SK II das Vorhaben des BMFSFJ gemeinsam mit dem BMI skizziert und die Möglichkeiten der Partizipation auch der Freien Wohlfahrtspflege dargestellt.
Das Themenfeld Arbeitsmarktpolitik und Grundsicherung wurde in der SK II schwerpunktmäßig bestimmt durch die im Jahr 2022 eingebrachte Bürgergeldreform und die durch die Freie Wohlfahrtspflege angestoßene Frage zur Erreichbarkeit von Jobcentern in der Pandemiezeit. Dabei wurde positiv bewertet, dass die BAGFW eine sehr umfangreiche gemeinsame Stellungnahme zum Bürgergeldgesetz abgegeben hat und hier ihre Geschlossenheit zu diesen für die Freie Wohlfahrtspflege bedeutsamen Themenstellungen dokumentieren konnte. Die Erreichbarkeit von Jobcentern war insbesondere in Pandemiezeiten ein drängendes Problem für Menschen in Krisensituationen, dessen sich die Freie Wohlfahrtspflege mit einer Umfrage annahm. Die Ergebnisse werden auch zukünftig in der politischen Diskussion weiter angesprochen. So hat sich die SK II für ein Gespräch mit der Chefin der BA, Frau Andrea Nahles, ausgesprochen, um drängende Fragen des sozialen Arbeitsmarktes mit ihr zu beraten.
Bereits im vergangenen Jahr wurde deutlich, dass sich die BAGFW erneut mit den Fragen der Zusammenarbeit mit der muslimischen Wohlfahrtspflege befassen wird. In einer ad hoc AG zur Bearbeitung dieses Themas wurde beraten, wie die zukünftige Gestaltung des Verhältnisses zwischen den Spitzenverbänden und der muslimischen Wohlfahrtspflege gelingen kann. 2023 ist eine Vernetzungstagung mit Vertreter:innen der muslimischen Wohlfahrtspflege geplant, um gemeinsam interessierende Themen zu diskutieren. Dieses Netzwerktreffen nimmt auch Impulse einer Transfertagung auf, die im Rahmen eines vom BMFSFJ geförderten Empowermentprojektes 2022 stattfand. Dort haben sich die Vertreter:innen der in der DIK vertretenen muslimischen Organisationen mit weiteren Akteur:innen auf Bundesebene zusammengefunden.
Die SK II wird gemeinsam mit der SK I an dem begonnenen Prozess der Einbeziehung der Perspektiven von betroffenen Menschen weiter beraten, ihre Partizipations- und Teilhabemöglichkeiten und –bedingungen ausloten und die Integration der Betroffenenperspektive in die eigene Lobbyarbeit zwischen Empowerment und Instrumentalisierung reflektieren. „Betroffene“ ist hier nicht zu eng auf Armutsbetroffene bezogen, sondern zu weiten auch auf Personen in anderen spezifischen belasteten Lebensumständen, zum Beispiel Pflegebedürftige oder pflegende Angehörige.
Die SK II ist zuständig für Fragen aus dem Themenfeld Kinder, Familie, Frauen und Jugend. Hier standen das Gute-Kita-Gesetz, die SGB VIII- Reform, die Kindergrundsicherung und die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge im Fokus. Auch diese Themen haben angesichts des Krieges in der Ukraine und der Flüchtlingsbewegungen eine besondere Bedeutung erlangt
Neben diesen Schwerpunktthemen befasste sich die SK II auch mit zahlreichen Abstimmungsfragen und Inhalten aus den ihr zugeordneten Fachbereichen. Dazu gehört die Begleitung des OZG, für die eine Adhoc-AG installiert wurde und die gewährleistete, dass eine Einbindung der Freien Wohlfahrtspflege die Entstehung der Sozialplattform NRW zusammen mit den Kolleg:innen aus NRW gelingen konnte. Durch das „Einer-für-alle“-Prinzip des OZG wird die Sozialplattform NRW schrittweise für die digitale Erreichbarkeit sozialer Dienstleistungen in ganz Deutschland Relevanz haben.
Es gehört auch zu den Aufgaben der Kommission, europapolitische Themen zu begleiten und europäische Fragestellungen und Positionierungen zu beraten und abzustimmen. Die Bedeutung europäischer Entscheidungen für die nationale Politik hat unter den Vorzeichen von Corona, Ukraine-Krieg, Cybersicherheit und Klimakrise zugenommen. Die Handschrift von EU-Kommissar Nicolas Schmit, zu dem die Freie Wohlfahrtspflege Deutschland traditionell gute Beziehungen pflegt, war in verschiedenen Dossiers zu erkennen.
Eine wesentliche Aufgabe der Kommission besteht zudem in der Vor- und Nachbereitung von politischen Gesprächen. Diese fanden im Jahr 2022 verstärkt nach der Regierungsbildung statt. Insbesondere die verschiedenen Gespräche mit der Bundesfamilienministerin, die auf der Israel-Reise gemeinsam mit der BAGFW-Mitgliederversammlung erkennen ließ, welches Interesse sie an einer guten Zusammenarbeit mit der BAGFW z.B. in Fragen der Überwindung der Kinderarmut hat, mit Bundesarbeitsminister Heil und mit der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung standen hier im Fokus.
Die Vorsitzende der SK II wurde in die Gas-Wärme-Kommission der Bundesregierung berufen, die im Herbst 2022 Möglichkeiten der Entlastung von Unternehmen und Bürger:innen diskutierte, die durch die Energiepreissteigerungen in Schwierigkeiten geraten waren. Der Ziel-Dreiklang von Versorgungssicherheit, Entlastung und Klimaschutz wurde konsequent als Anliegen der Freien Wohlfahrtspflege eingebracht.
Einzelheiten zu den Arbeiten in den Fachbereichen sind den Berichten aus der Fachausschussarbeit zu entnehmen.